Rechtsanwalt Andreas Schuck
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BGH, Urteil vom 11. Oktober 2023 - XII ZR 87/22 - LG Dresden, AG Dresden

a) Zur Frage der Unmöglichkeit der vom Vermieter einer Segelyacht geschuldeten Leistung aufgrund der im Vertragszeitraum geltenden Schutzmaßnahmen zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie (im Anschluss an Senatsurteil vom 11. Januar 2023 - XII ZR 101/21 - NJW-RR 2023, 514 mwN). 

b) Für den Mieter einer Segelyacht kann grundsätzlich ein Anspruch auf Vertragsanpassung wegen Störung der Geschäftsgrundlage gemäß § 313 Abs. 1 BGB in Betracht kommen, wenn der geplante Segeltörn aufgrund von hoheitlichen Maßnahmen zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie nicht in der geplanten Form stattfinden kann (im Anschluss an Senatsurteil vom 11. Januar 2023 - XII ZR 101/21 - NJW-RR 2023, 514 mwN). 

c) Nur wenn eine Anpassung des Vertrags nicht möglich oder einem Teil nicht zumutbar ist, kann nach § 313 Abs. 3 BGB der benachteiligte Teil - als ultima ratio - vom Vertrag zurücktreten oder bei Dauerschuldverhältnissen den Vertrag kündigen, wenn dies auch dem anderen Vertragsteil zumutbar ist (im Anschluss an Senatsurteil vom 11. Januar 2023 - XII ZR 101/21 - NJW-RR 2023, 514 mwN).

Tatbestand:

  1. Die Parteien streiten mit Klage und Widerklage über die Miete für eine Segelyacht. 
  2. Die Klägerin und der Beklagte schlossen am 12. Dezember 2019 einen Chartervertrag über eine Segelyacht (ohne Besatzung) mit Liegeplatz in H. (Schleswig-Holstein) für die Zeit vom 16. bis zum 22. Mai 2020. Auf die Miete von 2.748 € erbrachte der Beklagte vereinbarungsgemäß eine Anzahlung von 1.374 €. Weitere Zahlungen leistete er nicht. 
  3. Aufgrund der zur Eindämmung der sich im Frühjahr 2020 verbreitenden COVID-19-Pandemie erlassenen Landesverordnung über Maßnahmen zur Bekämpfung der Ausbreitung des neuartigen Coronavirus SARS-CoV-2 in Schleswig-Holstein in der Fassung vom 1. Mai 2020 (SARS-CoV-2-Bekämpfungsverordnung - SARS-CoV-2-BekämpfVO, GVOBl. Schl.-H. S. 271; nachfolgend auch „Verordnung“) galt in Schleswig-Holstein in der Zeit vom 4. bis zum 17. Mai 2020 eine Vielzahl von Beschränkungen des privaten und öffentlichen Lebens. Auch unter der ab 18. Mai 2020 geltenden Fassung der Landesverordnung zur Bekämpfung des Coronavirus SARS-CoV-2 vom 16. Mai 2020 (GVOBl. Schl.-H. S. 282) galten weiterhin Kontakt-, Abstands- und Hygieneregeln sowie Einschränkungen u.a. für die Ausübung von Sport und Freizeitaktivitäten. 
  4. Mit Schreiben vom 11. Mai 2020 kündigte der Beklagte unter Hinweis auf die COVID-19-Pandemie den Chartervertrag. Verhandlungen der Parteien über eine Umbuchung blieben ohne Ergebnis. Eine anderweitige Vermietung der Yacht war der Klägerin für die vereinbarte Mietzeit nicht mehr möglich. 
  5. Das Amtsgericht hat die auf Zahlung der Restmiete iHv 1.374 € gerichtete Klage abgewiesen und die Klägerin auf die Widerklage zur Rückzahlung der erbrachten Anzahlung von 1.374 € nebst Zinsen verurteilt. Die hiergegen gerichtete Berufung der Klägerin hat das Landgericht zurückgewiesen. Mit ihrer vom Landgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihre bisherigen Anträge weiter.
Entscheidungsgründe:

  1. Die Revision der Klägerin ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Landgericht.
  2. Das Landgericht hat seine Entscheidung wie folgt begründet: 
  3. Die Verpflichtung des Beklagten zur Zahlung der vereinbarten Miete sei entfallen, weil für die Klägerin aufgrund der bei Beginn der Vertragslaufzeit geltenden Coronaschutzverordnung ein rechtliches Leistungshindernis iSd § 275 Abs. 1 BGB bestanden habe. 
  4. Die Überlassung der Yacht unterfalle zwar nicht dem in § 1 SARS-CoV-2- BekämpfVO geregelten Beherbergungsverbot, weil sich dieses nur auf unbewegliche Übernachtungsmöglichkeiten bezogen habe und die Überlassung einer Yacht nicht vorrangig der Beherbergung diene, sondern der Mobilität. Auch sei eine zum Verleih stehende Yacht keine private Sportanlage iSd der Schließungsanordnung in § 6 Abs. 3 Nr. 6 SARS-CoV-2-BekämpfVO, für die in § 6 Abs. 11 Satz 1 der Verordnung eine Ausnahmeregelung getroffen worden sei. Die Ausnahmeregelung käme jedenfalls nicht zum Tragen, weil auf Segelbooten nicht stets ein Mindestabstand von 1,5 m gewahrt werden könne. Da nach der Verordnung Duschen und Gemeinschaftsräume zu schließen gewesen seien, wäre die Yacht auch nur sehr eingeschränkt nutzbar gewesen. 
  5. Ein rechtliches Leistungshindernis habe sich indes aus § 6 Abs. 3 Nr. 3 SARS-CoV-2-BekämpfVO ergeben, wonach Anbieter von Freizeitaktivitäten (auch außerhalb geschlossener Räume) ihre Einrichtungen hätten schließen müssen. Hierunter falle auch die Vermietung von Sportbooten, wenn nicht eine Ausnahmeregelung greife. Soweit gemäß § 6 Abs. 3 Nr. 8, Abs. 8 der Verordnung der eingeschränkte Betrieb von Sportboothäfen ausdrücklich gestattet gewesen sei, bedeute dies keinen Dispens von dem Verbot der Vermietung von Sportbooten. Auch die amtliche Begründung des Verordnungsentwurfs, in der es heiße, „die Übernachtung auf dafür geeigneten Booten in Sportboothäfen wird eingeschränkt zugelassen“, treffe keine Aussage über die Zulässigkeit der Vermietung von Sportbooten. 
  6. Die Ausnahmeregelung in § 6 Abs. 11 letzter Satz SARS-CoV-2-BekämpfVO, wonach eine Vermietung von Sportgeräten, die unter freiem Himmel genutzt würden, möglich gewesen sei, greife für Yachten nicht. Denn eine Yacht sei ein Sportgerät, das auch dem Aufenthalt in geschlossenen Räumen - den Kabinen und Sanitärbereichen - diene. 
  7. Nach § 326 Abs. 1 Satz 1 BGB sei damit nicht nur die Leistungspflicht des Beklagten entfallen, sondern dieser habe den Chartervertrag auch wegen des rechtlichen Leistungshindernisses aus wichtigem Grund kündigen können. Die Klägerin als belastete Partei habe nicht dargetan, dass sie von dem Beklagten vor dessen Kündigung eine ihm zumutbare Vertragsanpassung gemäß § 313 BGB verlangt habe. Dem Beklagten sei mit Blick auf den kurz bevorstehenden Übergabezeitpunkt auch nicht zumutbar gewesen, mit der Kündigung bzw. einem Rücktritt zuzuwarten. Nach dem berechtigten Rücktritt des Beklagten vom Chartervertrag habe die Klägerin eine Vertragsanpassung nicht mehr verlangen können.
  8. Diese Ausführungen halten rechtlicher Nachprüfung nicht stand. 
  9. 1. Der Beklagte ist nicht gemäß §§ 326 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1, 275 Abs. 1 und 4 BGB iVm den Bestimmungen der zur vereinbarten Mietzeit geltenden Fassungen der SARS-CoV-2-BekämpfVO von seiner Verpflichtung zur Mietzahlung befreit.
  10. a) Gemäß § 326 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 BGB entfällt der Anspruch auf die Gegenleistung, falls der Schuldner die geschuldete Leistung nach § 275 Abs. 1 bis 3 BGB nicht erbringen muss. Der Anspruch auf Leistung ist gemäß § 275 Abs. 1 BGB ausgeschlossen, wenn dem Schuldner die Erbringung der geschuldeten Leistung aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen unmöglich ist. Rechtlich unmöglich ist die Leistungserbringung dabei dann, wenn ein geschuldeter Erfolg aus Rechtsgründen nicht herbeigeführt werden kann oder nicht herbeigeführt werden darf (vgl. Senatsurteil BGHZ 233, 266 = NJW 2022, 2024 Rn. 15 f. mwN). 
  11. b) Die genannten Voraussetzungen für das Entfallen der Verpflichtung des Beklagten zur Zahlung der als Gegenleistung vereinbarten Miete liegen nicht vor. Der Klägerin war die Überlassung der Segelyacht an den Beklagten in dem als Mietzeit vereinbarten Zeitraum insbesondere nicht aufgrund der zu dieser Zeit geltenden Coronaschutzbestimmungen unmöglich. 
  12. aa) Die rechtliche Unmöglichkeit der geschuldeten Gebrauchsüberlassung ergab sich entgegen der Auffassung des Landgerichts insbesondere nicht aus der Schließungsanordnung in § 6 Abs. 3 SARS-CoV-2-BekämpfVO. Ob die entgeltliche Überlassung einer Segelyacht überhaupt den insoweit einzig in Betracht kommenden Regelungen in § 6 Abs. 3 Nr. 3, Nr. 6 oder Nr. 8 SARS-CoV2-BekämpfVO unterfiel, wonach bestimmte Einrichtungen, wie unter anderem „Sportanlagen (drinnen und draußen)“ (Nr. 6) sowie grundsätzlich auch Sportboothäfen (Nr. 8) zu schließen waren und Anbietern von „Freizeitaktivitäten (auch außerhalb von geschlossenen Räumen)“ die Öffnung untersagt war (Nr. 3), bedarf ebenso wie die Frage, ob diese Regelungen dem verfassungsrechtlichen Bestimmtheitsgrundsatz genügten, keiner Entscheidung. Auch Bedenken, ob der Wortlaut der Schließungsanordnung, der wegen der freiheitsbeschränkenden Wirkung der in § 6 Abs. 3 SARS-CoV-2-BekämpfVO angeordneten Maßnahmen einer restriktiven Auslegung unterliegt, überhaupt die Nutzung und die entgeltliche Überlassung von Sportbooten erfasst, bedürfen keiner Vertiefung. Denn jedenfalls aus § 6 Abs. 8 SARS-CoV-2-BekämpfVO in Gesamtschau mit der amtlichen Begründung der Verordnung (abrufbar unter https://transparenz.schleswigholstein.de/datatset) ergibt sich, dass die Nutzung und Überlassung von Sportbooten - hier der angemieteten Segelyacht - unter Geltung der Verordnung in der Fassung vom 1. Mai 2020 erlaubt war. 
  13. Anders als noch nach der Verordnung in der Fassung vom 18. April 2020 (GVOBl. Schl.-H. S. 195) war der eingeschränkte Betrieb von Sportboothäfen aufgrund der ab dem 4. Mai 2020 geltenden Ausnahmeregelung in § 6 Abs. 8 SARS-CoV-2-BekämpfVO abweichend zur allgemeinen Schließungsanordnung für Sportboothäfen in § 6 Abs. 3 Nr. 8 der Verordnung unter Beachtung bestimmter Vorgaben zulässig. Durch die amtliche Begründung zur Ausnahmeregelung in § 6 Abs. 8 SARS-CoV-2-BekämpfVO (S. 25 der amtlichen Begründung) ist dabei klargestellt, dass nicht nur der Betrieb von Sportboothäfen als solcher, sondern auch die Herrichtung und Nutzung von Booten sowie das Einlaufen in und das Auslaufen aus dem Hafen im Rahmen der zulässigen eingeschränkten Nutzung von Sportboothäfen erlaubt sein sollten. Der amtlichen Begründung zum Beherbergungsverbot in § 1 Satz 1 SARS-CoV-2-BekämpfVO (S. 14 der amtlichen Begründung) ist darüber hinaus zu entnehmen, dass sogar die Übernachtung auf dafür geeigneten Booten in Sportboothäfen wegen der insoweit geringen Ansteckungsgefahr eingeschränkt zugelassen und die Überlassung von Booten mit Übernachtungsmöglichkeit von dem Beherbergungsverbot ausgenommen sein sollte. Auch die Regelung in § 6 Abs. 11 letzter Satz SARS-CoV-2-BekämpfVO, wonach die Vermietung von Sportgeräten für den Sport unter freiem Himmel ausdrücklich erlaubt war, ist danach entgegen der Auffassung des Landgerichts nicht etwa dahin zu verstehen, dass die entgeltliche Überlassung von Sportbooten nur wegen deren Ausstattung mit einer Kajüte und Kabinen ausgeschlossen sein sollte. 
  14. Schließlich ergibt sich aus den allgemeinen Ausführungen der Verordnungsbegründung zur Schließungsanordnung in § 6 Abs. 3 SARS-CoV-2-BekämpfVO, dass nur solche Einrichtungen geschlossen sein sollten, in denen typischerweise ein besonders hohes Ansteckungsrisiko besteht, weil dort sehr viele Menschen miteinander in Kontakt kommen (S. 24 der Verordnungsbegründung). Auf die Überlassung von Sportbooten durch ein „Charter- und Yachtzentrum“ und deren Nutzung durch den Mieter trifft dies ersichtlich nicht zu. Im Gegenteil ergibt sich aus der Verordnungsbegründung, dass die Nutzung von Sportbooten vom Verordnungsgeber als zumindest kontaktarme, mit einem eher geringen Infektionsrisiko verbundene Freizeitbeschäftigung eingeordnet wurde (vgl. amtliche Begründung S. 14, 25 und 26) und diese daher - ebenso wie die Überlassung von Sportbooten an Dritte - nicht untersagt sein sollte. 
  15. bb) Nachdem die Überlassung von Booten zum Zwecke der Übernachtung in Sportboothäfen nach der amtlichen Verordnungsbegründung (dort S. 14) von dem grundsätzlichen Beherbergungsverbot in § 1 Abs. 1 Satz 1 SARS-CoV-2- BekämpfVO ausgenommen sein sollte, begründet auch das Beherbergungsverbot - so im Ergebnis zutreffend auch das Landgericht - keine rechtliche Unmöglichkeit der geschuldeten Leistung iSd § 275 Abs. 1 BGB. 
  16. cc) Gleiches gilt für die Reisebeschränkung nach § 2 Abs.1 SARS-CoV-2- BekämpfVO. Ob die Möglichkeit der Anreise zur Übernahme der Mietsache gemäß § 537 Abs. 1 Satz 1 BGB dem Verwendungsrisiko des Mieters unterliegt (vgl. hierzu BeckOK Mietrecht/Matusch [Stand: 1. Mai 2021] § 537 BGB Rn. 6 f. mwN; BeckOGK/Harke [Stand: 1. Juli 2023] § 537 BGB Rn. 13; MünchKommBGB/Bieber 9. Aufl. § 537 Rn. 5; Hinterseer-Zbib AnwZert MietR 19 20 21 - 9 - 2/2021 Anm. 1 unter II. mwN), bedarf dabei keiner Entscheidung. Denn nach § 2 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 2 SARS-CoV-2-BekämpfVO waren Reisen nach Schleswig-Holstein, die - wie hier - erlaubten Freizeitaktivitäten dienten, nicht untersagt (vgl. auch amtliche Begründung zu § 2 SARS-CoV-2-BekämpfVO S. 15). 
  17. dd) Die in § 2 Abs. 2 und 3 SARS-CoV-2-BekämpfVO geregelten Abstandsge- und Veranstaltungsverbote sowie sonstige sich aus der Verordnung ergebende Verhaltensmaßregeln standen der geschuldeten Überlassung der Segelyacht ebenfalls nicht entgegen, sondern begründeten lediglich Verhaltensvorgaben für die konkrete Nutzung des Bootes und machten der Klägerin die Leistungserbringung damit nicht rechtlich unmöglich (vgl. Senatsurteil vom 11. Januar 2023 - XII ZR 101/21 - NJW-RR 2023, 514 Rn. 17 f. ). Dem Zweck der Verordnung, das Infektionsrisiko zu reduzieren und die Verbreitung der COVID-Erkrankung zu bekämpfen, war danach allerdings durch Beachtung der angeordneten Schutzmaßnahmen, insbesondere die Wahrung von Hygienemaßregeln und Sicherheitsabständen sowie Einhaltung der Schließungsanordnung für Duschen und Gemeinschaftsräume, bei der Nutzung der Yacht Rechnung zu tragen. 
  18. ee) Die geschuldete Leistungserbringung wurde auch nicht für die Zeit ab Geltung der Verordnung in der am 16. Mai 2020 geänderten Fassung, durch die keine weitergehenden Verbotsregelungen geschaffen, sondern die bisherigen Schutzmaßnahmen maßvoll gelockert wurden, rechtlich gehindert. 
  19. c) Eine rechtliche Unmöglichkeit der geschuldeten Überlassung der Segelyacht ergab sich nicht mit Blick auf den konkreten Vertragsinhalt. Insbesondere ist den getroffenen Feststellungen nicht zu entnehmen, dass die Klägerin als Vermieterin für das Risiko der uneingeschränkten Nutzbarkeit der Yacht auch bei Geltung allgemeiner hoheitlicher Verhaltens- und Kontaktbeschränkungen hätte einstehen sollen. Ebenso wenig folgt aus den getroffenen Feststellungen, dass der Gebrauch der Yacht durch bestimmte Personen, die den nach § 2 Abs. 2 und 3 SARS-CoV-2-BekämpfVO geltenden Kontaktbeschränkungen unterlagen, oder deren Nutzung in einer bestimmten - unter den geltenden Coronaschutzbestimmungen nicht zu realisierenden - Weise Vertragsinhalt geworden wäre, so dass sich hieraus eine rechtliche Unmöglichkeit der geschuldeten Leistungserbringung ergäbe. 
  20. d) Nach den getroffenen Feststellungen ist schließlich nichts dafür ersichtlich, dass die vertraglich geschuldete Überlassung der Segelyacht aus tatsächlichen Gründen unmöglich gewesen sein könnte, etwa weil der Liegeplatz der Yacht wegen Schließung des Hafens nicht zugänglich war. Entsprechendes hat auch der Beklagte in den Tatsacheninstanzen nicht geltend gemacht. 
  21. 2. Dem Beklagten stand entgegen der Auffassung des Landgerichts kein Recht zur außerordentlichen Kündigung des Mietvertrags oder zum Rücktritt zu. 
  22. a) Ein Kündigungs- oder Rücktrittsrecht des Beklagten (§ 543 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 BGB bzw. § 326 Abs. 5 BGB) ergab sich insbesondere nicht unter dem Gesichtspunkt der rechtlichen Unmöglichkeit der geschuldeten Leistungserbringung im Sinne von § 275 Abs. 1 BGB, da ein rechtliches Leistungshindernis nicht bestand. 
  23. b) Die außerordentliche Kündigung des Beklagten war auch nicht deshalb nach § 543 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 BGB wirksam, weil die Mietsache einen Mangel im Sinne von § 536 Abs. 1 Satz 1 BGB aufgewiesen hätte. Die mit den zur vereinbarten Mietzeit geltenden Coronaschutzbestimmungen verbundenen Gebrauchseinschränkungen hafteten nicht der Mietsache als solcher an und führten daher nicht zur Mangelhaftigkeit der angemieteten Segelyacht. Der Beklagte konnte insbesondere nicht davon ausgehen, dass die Klägerin mit der Vereinbarung des konkreten Mietzwecks eine unbedingte Einstandspflicht auch für den Fall von hoheitlich angeordneten Beschränkungen des privaten und öffentlichen Lebens zwecks Bekämpfung einer Pandemie übernehmen und die Eignung der Yacht unter derartigen Bedingungen garantieren wollte (vgl. Senatsurteil vom 11. Januar 2023 - XII ZR 101/21 - NJW-RR 2023, 514 Rn. 20 f. mwN). 
  24. c) Auf der Grundlage der bislang getroffenen Feststellungen ist schließlich nicht von der Wirksamkeit der vom Beklagten erklärten Kündigung nach den Grundsätzen der Störung der Geschäftsgrundlage gemäß § 313 Abs. 1 und 3 BGB auszugehen. 
  25. Nach der Rechtsprechung des Senats kommt zwar grundsätzlich ein Anspruch des Mieters, der bei einem gewerblichen Vermieter Räumlichkeiten zur Durchführung einer Veranstaltung gemietet hat, die aufgrund von hoheitlichen Maßnahmen zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie nicht oder nicht wie geplant stattfinden konnte, auf Anpassung des Mietvertrags oder - als ultima ratio - eine Kündigung wegen Störung der Geschäftsgrundlage gemäß § 313 Abs. 1 und 3 BGB in Betracht (vgl. Senatsurteil vom 11. Januar 2023 - XII ZR 101/21 - NJW-RR 2023, 514 Rn. 23 mwN). Auch für einen Mietvertrag über eine Segelyacht ist dies nicht von vornherein ausgeschlossen. 
  26. Eine Störung der Geschäftsgrundlage iSd § 313 Abs. 1 BGB berechtigt indes für sich genommen noch nicht ohne Weiteres zu einer Vertragsanpassung oder gar einer Kündigung. Vielmehr verlangt die Vorschrift als weitere Voraussetzung, dass dem betroffenen Vertragspartner unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der vertraglichen oder gesetzlichen Risikoverteilung, das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden kann. Dadurch kommt zum Ausdruck, dass nicht jede einschneidende Veränderung der bei Vertragsschluss bestehenden oder gemeinsam erwarteten Verhältnisse eine Vertragsanpassung (§ 313 Abs. 1 BGB) oder sogar eine Kündigung (§ 313 Abs. 3 BGB) rechtfertigt. Hierfür ist vielmehr erforderlich, dass nach einer Abwägung aller Umstände des Einzelfalls ein Festhalten an der vereinbarten Regelung für die betroffene Partei zu einem nicht mehr tragbaren Ergebnis führt (vgl. Senatsurteil vom 11. Januar 2023 - XII ZR 101/21 - NJW-RR 2023, 514 Rn. 25 mwN). 
  27. Auszugehen ist dabei zwar im Allgemeinen von dem Grundsatz, dass gemäß § 537 Abs. 1 Satz 1 BGB der Mieter im Verhältnis zum Vermieter das Verwendungsrisiko bezüglich der Mietsache trägt. Nach der Rechtsprechung des Senats geht es jedoch über das gewöhnliche Verwendungsrisiko des Mieters hinaus, wenn er eine konkrete Unternehmung, für die er einen Mietvertrag geschlossen hat, aufgrund hoheitlicher Maßnahmen zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie nicht oder nicht im geplanten Umfang durchführen kann. Da eine solche Gebrauchsbeschränkung an der Mietsache in diesem Fall Folge der umfangreichen staatlichen Eingriffe in das wirtschaftliche und gesellschaftliche Leben zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie ist, die nicht in die Verantwortung der Mietvertragsparteien fällt, kann das damit verbundene Risiko regelmäßig keiner Vertragspartei allein zugewiesen werden (Senatsurteil vom 11. Januar 2023 - XII ZR 101/21 - NJW-RR 2023, 514 Rn. 26 mwN). 
  28. Als Rechtsfolge ist im Falle einer Störung der Geschäftsgrundlage nach § 313 Abs. 1 BGB diejenige zu wählen, die den Parteien unter Berücksichtigung der Risikoverteilung zumutbar ist und durch die eine interessengerechte Verteilung des verwirklichten Risikos bei einem möglichst geringen Eingriff in die ursprüngliche Regelung hergestellt wird (Senatsurteil vom 11. Januar 2023 - XII ZR 101/21 - NJW-RR 2023, 514 Rn. 28 mwN). Nur wenn eine Anpassung des Vertrags nicht möglich oder einem Teil nicht zumutbar ist, kann nach § 313 Abs. 3 BGB der benachteiligte Teil - als ultima ratio - vom Vertrag zurücktreten oder bei Dauerschuldverhältnissen den Vertrag kündigen, wenn dies auch dem anderen Vertragsteil zumutbar ist (vgl. Senatsurteil vom 11. Januar 2023 - XII ZR 101/21 - NJW-RR 2023, 514 Rn. 29, 32 mwN). 
  29. Auf dieser Grundlage hat das Gericht in tatrichterlicher Verantwortung für den konkreten Einzelfall die Voraussetzungen des § 313 BGB festzustellen und gegebenenfalls die Wahl der für die Vertragsparteien zumutbaren Rechtsfolge zu treffen, bei der ein weiter Ermessensspielraum des Tatgerichts besteht (Senatsurteil vom 11. Januar 2023 - XII ZR 101/21 - NJW-RR 2023, 514 Rn. 30 mwN). 
  30. Eine derartige Prüfung hat das Landgericht nicht vorgenommen, weil es - rechtlich unzutreffend - von einem Fall der rechtlichen Unmöglichkeit als Grund für eine wirksame außerordentliche Kündigung ausgegangen ist. Nach den bislang getroffenen Feststellungen hat der Beklagte auch keine tragfähigen Umstände dafür vorgetragen, dass aufgrund der COVID-19-Pandemie die Geschäftsgrundlage für die Anmietung der Segelyacht iSd § 313 Abs. 1 BGB gestört und ihm gegebenenfalls eine andere Form der Vertragsanpassung unmöglich oder nicht zumutbar sei (vgl. § 313 Abs. 3 Satz 2 BGB).
  31. Die angefochtene Entscheidung ist daher gemäß § 562 Abs. 1 ZPO aufzuheben und die Sache ist nach § 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO an das Landgericht zurückzuverweisen. 
  32. Mit der Zurückverweisung erhält das Landgericht Gelegenheit, die notwendigen Feststellungen dazu zu treffen, ob sich durch die COVID-19-Pandemie und die damit verbundenen weitreichenden Beschränkungen des privaten und öffentlichen Lebens die sogenannte große Geschäftsgrundlage des von den Parteien geschlossenen Chartervertrags iSd § 313 Abs. 1 BGB schwerwiegend geändert hat, und gegebenenfalls die unter Berücksichtigung der Interessen beider Vertragsparteien zumutbare Rechtsfolge zu wählen (§ 313 Abs. 1 und 3 BGB; vgl. Senatsurteil vom 11. Januar 2023 - XII ZR 101/21 - NJW-RR 2023, 514 Rn. 22 ff. mwN).